Es ist ein bedeckter, trüber Tag. Aus dem Fenster sehe ich nur grau in grau. Trostlose kahle Bäume und vom Sturm gebrochene Äste. Die nasse Straße.
Wir sind die Woche über kränklich gewesen und gerade reizt mich ein Sonntag auf dem Sofa mehr als der Gedanke ans Rausgehen.
Ich raffe mich auf, fahre nach Cyriaxweimar ins Naturschutzgebiet. Steige aus und schaue in den Himmel, während es mir sanft ins Gesicht nieselt. Schön ist das. Ich seufze, was auch gut tut. Hier ist Natur, hier ist Leben, hier ist Licht. Selbst bei trübem Wetter kriegt man bei einem Spaziergang eine ordentliche Portion Tageslicht ab. Das lädt meine Batterien auf.
Ich schlendere vor mich hin, hänge meinen Gedanken hinterher, die jetzt schon nicht mehr so schwer wirken. Gerade Regenwetter hilft, trübe Gedanken zu klären. Weil die besondere Stimmung dazu einlädt, sie zu Ende zu denken.
Und hier draußen, hier ist es gar nicht nur grau. Ganz und gar nicht. Mit meinen Barfußschuhen wandele ich über kräftiges grünes Moos, sinke in braunen, weichen Matsch. Überall bunte Tupfer, kleine Frühlingsboten. Hoffnung überall und das Versprechen auf bessere Tage.
Gerade, als ich diesen Gedanken zu Ende gedacht habe, bricht ein Sonnenstrahl hervor und erleuchtet die silbernen Kätzchen einer alten Weide.
Ich höre eine mir unbekannte Vogelstimme sehr schön und abwechslungsreich zwitschern. Leider entdecke ich den Verursacher nicht. Ich bereue, dass ich mir aufgrund der Wetter- und Gemütslage bei meinem Aufbruch keine Sitzunterlage eingepackt habe. Diese würde mir jetzt erlauben, bequem sehr lange ruhig in der Nähe der schönen Vogelstimme abzuwarten.
Die Matte zu vergessen sollte mir so schnell nicht wieder passieren. Man weiß nie, was einen da draußen erwartet und was das Draußensein mit einem macht.
Es beginnt stärker zu regnen. Jemand hastet in dicken Wanderstiefeln und mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze an mir vorbei. Treibt seinen Hund zur Eile an. Vermutlich absolviert diese Person das Draußensein gerade als lästige Pflicht und lässt sich nicht genießend darauf ein. Vielleicht, denke ich, vielleicht wird aber selbst diese Person heute etwas aus der Draußenzeit mitnehmen. Und wenn es ist, das Drinnensein hinterher umso gemütlicher zu finden.
Warst du heute schon draußen?